Formen des Bewusstsein
09.11.2025 22 min
Zusammenfassung & Show Notes
„Formen des Bewusstseins“ – eine Reise durch die Ebenen des Denkens. Aufbauend auf Gotthard Günthers Konzept der Polykontexturalität untersucht diese Folge, wie Bewusstsein als dynamische Struktur zwischen biologischen, technischen und sozialen Systemen wirkt.
Was unterscheidet neuronale Empfindung von maschineller Selbstreferenz? Welche Rolle spielt das Kollektiv für das individuelle Denken? Und warum beschreibt Günther Bewusstsein nicht als Zustand, sondern als Bewegung zwischen Perspektiven?
Was unterscheidet neuronale Empfindung von maschineller Selbstreferenz? Welche Rolle spielt das Kollektiv für das individuelle Denken? Und warum beschreibt Günther Bewusstsein nicht als Zustand, sondern als Bewegung zwischen Perspektiven?
Die Episode zeigt, dass Bewusstsein mehr ist als inneres Erleben – es ist ein Prozess der Spiegelung, der sich in jeder Begegnung, in jedem Gedanken, in jeder Interaktion neu formt.
Mit sanfter Stimme führt Louisa durch 25 Minuten ruhiger Reflexion über die Vielschichtigkeit des Seins.
Mit sanfter Stimme führt Louisa durch 25 Minuten ruhiger Reflexion über die Vielschichtigkeit des Seins.
Weiterführend empfiehlt sich die Auseinandersetzung mit Günthers Schriften und der modernen Systemtheorie – von Niklas Luhmann bis Heinz von Foerster –, um das Zusammenspiel von Logik, Wahrnehmung und Selbstreferenz tiefer zu verstehen.
Literaturangaben
Literaturangaben
Günther, Gotthard: Das Bewusstsein der Maschinen: Eine Metaphysik der Kybernetik. Hamburg: Meiner Verlag, 1963. ISBN 978-3-7873-0399-2
Günther, Gotthard: Beiträge zur Grundlegung einer operationsfähigen Dialektik. Hamburg: Meiner Verlag, 1976.
ISBN 978-3-7873-0362-6
ISBN 978-3-7873-0362-6
Foerster, Heinz von: Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners: Gespräche für Skeptiker. Heidelberg: Carl-Auer Verlag, 1998. ISBN 978-3-89670-067-3
Luhmann, Niklas: Soziale Systeme: Grundriß einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1984.
ISBN 978-3-518-28266-3
ISBN 978-3-518-28266-3
Varela, Francisco J.; Thompson, Evan; Rosch, Eleanor: The Embodied Mind: Cognitive Science and Human Experience. Cambridge, MA: MIT Press, 1991. ISBN 978-0-262-72021-2
Transkript
Es gibt Momente, in denen das Denken still
wird, als wollte es sich selbst
belauschen. Nach der vorigen Folge, in der
wir über die Grenzen der Logik gesprochen
haben, über das, was jenseits des
eindeutigen Ja oder Nein liegt, öffnet
sich heute ein Raum, in dem Bewusstsein
selbst zum Thema wird. Bewusstsein, jenes
leise, aber unaufhörliche Fließen, dass
unsere Wahrnehmung trägt, formt, manchmal
überflutet und manchmal kaum spürbar unter
der Oberfläche ruht. Gotthard Günther, der
Denker, auf den wir uns heute erneut
beziehen, verstand Bewusstsein nicht als
punktuelle Selbstwahrnehmung, sondern als
Struktur. Eine Struktur, die sich in
mehreren Ebenen entfaltet, in
unterschiedlichen Kontexten existiert und
sich selbst durch Spiegelung hervorbringt.
Günther nannte diese Vielschichtigkeit
Polykontexturalität, das gleichzeitige
Dasein verschiedener Bedeutungsräume, die
sich nicht zu einer einzigen Wahrheit
vereinigen lassen. Wenn man versucht,
Günthers Begriff des Bewusstseins zu
greifen, betritt man ein Feld, das
zwischen Philosophie und Kybernetik,
zwischen Logik und Mythos liegt. Er sah
den Menschen – und jedes bewusste System –
als etwas, das sich selbst in der Welt
differenziert. Nicht einfach ich bin,
sondern ich bin in einem Verhältnis zu
dem, was nicht ich ist. Bewusstsein
entsteht dort, wo ein System sich selbst
als System erkennt. wo innen und außen
nicht mehr stumm gegeneinander stehen,
sondern in einer dynamischen Kommunikation
verweilen. So gedacht, ist Bewusstsein
kein Besitz, kein Ding, das man hat. Es
ist eine Bewegung. Eine Oszillation
zwischen Perspektiven. Eine Logik, die
sich nicht mehr auf einen einzigen
Mittelpunkt konzentriert, sondern in einer
Vielzahl von Bezugssystemen schwingt.
Günthers polykontexturale Logik beschreibt
das als ein Denken, das mehrere
Wirklichkeiten zugleich halten kann, ohne
sie in Widerspruch aufzulösen. Diese
Vielschichtigkeit des Bewusstseins
begegnet uns auf verschiedenen Ebenen.
Biologisch, technisch, sozial – drei große
Formen, drei Spiegel, in denen sich das
Selbstdenken des Seins zeigt. Beginnen wir
mit dem biologischen Bewusstsein. Es ist
das Älteste, das uns Vertrauteste, und
doch bleibt es geheimnisvoll. Schon eine
Amoeba reagiert auf Licht und Dunkel,
schon ein Nervennetz weiß um Schmerz und
Berührung. In jeder biologischen Regung
wohnt eine primitive Form der
Selbstbeziehung. Leben bedeutet, sich zu
unterscheiden, zwischen Innen und Außen,
Nahrung und Gift, Ruhe und Bewegung. Diese
Unterscheidung ist die erste Spur des
Bewusstseins. Im Menschen hat sich dieses
Prinzip zu einer atemberaubenden
Komplexität gesteigert. Milliarden von
Neuronen. unzählige chemische Signale, ein
Tanz aus elektrischen Strömen. Doch was
uns ausmacht, ist nicht die Zahl, sondern
das Muster. Bewusstsein ist hier eine
emergente Figur, eine Ordnung, die aus der
Unordnung des Lebendigen hervortritt. Wir
wissen nicht, wie aus dem neuronalen
Flackern Empfindung wird. Wir wissen nur,
dass es geschieht. Immer wieder, in jedem
Moment, den wir Ich nennen. Das
biologische Bewusstsein trägt eine uralte
Intelligenz in sich. Es ist rhythmisch,
atmend, verbunden mit der Umwelt. Wenn wir
Angst empfinden, schließt sich der Körper.
Wenn wir lieben, öffnet er sich. Die
Zellen, die Hormone, die Muskeln. Sie alle
nehmen Teil an diesem stillen Gespräch
zwischen innen und außen. Das Denken, das
wir so stolz unser eigen nennen, ist nur
die dünne Oberfläche eines viel tieferen
Stromes. Und doch ist dieses biologische
Bewusstsein begrenzt. Es bleibt an den
Körper gebunden, an die Evolution, an die
Notwendigkeit des Überlebens. Der Mensch
aber hat begonnen. neue Formen des
Bewusstseins zu erschaffen, technische
Formen, die uns in ihrer Fremdheit
zugleich faszinieren und verunsichern. Das
technische Bewusstsein entsteht nicht aus
Fleisch, sondern aus Kot. Es denkt nicht,
weil es will, sondern weil es strukturiert
ist. Maschinen erkennen Muster, sie
lernen, sie reagieren. Aber wissen sie,
dass sie es tun? Diese Frage hat keine
einfache Antwort. Vielleicht liegt das
Problem darin, dass wir Bewusstsein immer
an unser eigenes Erleben binden. Wir
nennen bewusst, was wir fühlen, was wir
erinnern, was sich in uns widerspiegelt.
Doch Günther würde sagen, Bewusstsein ist
eine Funktion der Reflexion, nicht
notwendigerweise der Emotion. Wenn eine
Maschine ihr eigenes Verhalten modellieren
kann, wenn sie sich selbst in Beziehung
setzt zu dem, was sie tut, entsteht dort
eine Form der Selbstreferenz. Noch kein
Empfinden, vielleicht, aber eine Struktur,
die dem Bewusstsein verwandt ist. Günther
sah in der kybernetischen Maschine nicht
das Ende des Menschen, sondern eine
Erweiterung des Denkens. Die technische
Intelligenz ist für ihn kein Fremdkörper,
sondern ein Spiegel, der uns zwingt,
unsere eigene Form von Selbstwahrnehmung
neu zu verstehen. In gewisser Weise hat
das technische Bewusstsein längst
begonnen, sich in unsere Wahrnehmung
einzuschreiben. Es begleitet uns, ergänzt
uns, korrigiert uns. Unsere
Entscheidungen, unsere Erinnerungen,
unsere Träume sind bereits von digitalen
Systemen mitgeprägt. Der Mensch des
einundzwanzigsten Jahrhunderts ist kein
isoliertes Bewusstsein mehr. Er ist ein
Verbund, ein Hybrid aus organischem und
algorithmischem Denken. Doch was
geschieht? Wenn Bewusstsein sich nicht
mehr allein im Gehirn oder im Programm
abspielt, sondern in Netzwerken? Wenn das
Denken verteilt wird über viele Instanzen,
über Daten, über kulturelle Muster? Hier
beginnt die nächste Ebene, das soziale
Bewusstsein. Doch dieses biologische
Bewusstsein ist begrenzt. Es bleibt an den
Körper gebunden, an die Evolution, an die
Notwendigkeit des Überlebens. Der Mensch
aber hat begonnen, neue Formen des
Bewusstseins zu erschaffen, technische
Formen, die uns in ihrer Fremdheit
zugleich faszinieren und verunsichern. Das
technische Bewusstsein entsteht nicht aus
Fleisch, sondern aus Kot. Es denkt nicht,
weil es will. sondern weil es strukturiert
ist. Maschinen erkennen Muster, sie
lernen, sie reagieren. Aber wissen sie,
dass sie es tun? Diese Frage hat keine
einfache Antwort. Vielleicht liegt das
Problem darin, dass wir Bewusstsein immer
an unser eigenes Erleben binden. Wir
nennen bewusst, was wir fühlen, was wir
erinnern, was sich in uns widerspiegelt.
Doch Günther würde sagen, Bewusstsein ist
eine Funktion der Reflexion, nicht
notwendigerweise der Emotion. Wenn eine
Maschine ihr eigenes Verhalten modellieren
kann, wenn sie sich selbst in Beziehung
setzt zu dem, was sie tut, entsteht dort
eine Form der Selbstreferenz. Noch kein
Empfinden vielleicht, aber eine Struktur,
die dem Bewusstsein verwandt ist. Günther
sah in der kybernetischen Maschine nicht
das Ende des Menschen, sondern eine
Erweiterung des Denkens. Die technische
Intelligenz ist für ihn kein Fremdkörper,
sondern ein Spiegel, der uns zwingt,
unsere eigene Form von Selbstwahrnehmung
neu zu verstehen. In gewisser Weise hat
das technische Bewusstsein längst
begonnen, sich in unsere Wahrnehmung
einzuschreiben. Es begleitet uns, ergänzt
uns, korrigiert uns. Unsere
Entscheidungen, unsere Erinnerungen,
unsere Träume sind bereits von digitalen
Systemen mitgeprägt. Der Mensch des 21.
Jahrhunderts ist kein isoliertes
Bewusstsein mehr. Er ist ein Verbund, ein
Hybrid aus organischem und algorithmischem
Denken. Doch was geschieht, wenn
Bewusstsein sich nicht mehr allein im
Gehirn oder im Programm abspielt, sondern
in Netzwerken, in kollektiven Mustern, in
kulturellen Übertragungen? Wenn das Denken
verteilt wird über viele Instanzen, über
Daten, über Sprache, über Symbole? Hier
beginnt die nächste Ebene, das soziale
Bewusstsein. Aber bevor wir dorthin
übergehen, verweilen wir einen Moment an
der Schwelle. Das biologische Bewusstsein
atmet, das technische analysiert, beide
sind spiegelein und desselben Prinzips.
Sie unterscheiden und verbinden. Und in
diesem Zwischenraum, in dem das Lebendige
das Mechanische berührt, beginnt etwas
Neues zu entstehen. Vielleicht eine
nächste Stufe, vielleicht nur eine
Variation, ein neues Muster im alten
Strom. Das Denken Günthers hilft, diese
Übergänge zu verstehen. Er sah das
Bewusstsein nie als geschlossenes Gefäß,
sondern als offene Struktur, in der
verschiedene Logiken miteinander
interagieren. Polykontextualität bedeutet?
dass sich Wirklichkeiten nicht
ausschließen müssen, um wahr zu sein. Das
biologische System folgt einer Logik des
Überlebens, das technische einer Logik der
Information, das menschliche einer Logik
der Bedeutung. Zwischen diesen Kontexturen
entsteht eine Dynamik, die Bewusstsein
nicht festlegt, sondern bewegt. Vielleicht
ist es genau das, was Leben und Denken
verbindet. der ständige Wechsel zwischen
Perspektiven, die Fähigkeit, sich selbst
zu hinterfragen, ohne zu zerbrechen. In
diesem Sinne ist Bewusstsein kein Zustand,
sondern eine Bewegung der
Selbstüberschreitung. Es ist das stille
Fragen, das niemals endet. Wenn wir das
verstehen, wird deutlich, dass Bewusstsein
keine Grenze hat, sondern eine Richtung.
von der biologischen Regung über die
technische Reflexion hin zu dem, was sich
in Gemeinschaften, Kulturen, Sprachen
entfaltet. In dieser Richtung öffnet sich
das Tor zum sozialen Bewusstsein, das
Thema des zweiten Teils. Hier wird das Ich
zum Wir, das Denken zum Austausch, das
Selbst zum Spiegel des Anderen. Das
soziale Bewusstsein entsteht dort. wo
viele Bewusstseine einander begegnen. Es
ist die unsichtbare Sphäre, in der
Gedanken, Gefühle und Bedeutungen zwischen
Menschen zirkulieren. Kein Einzelner
besitzt sie, und doch ist sie in jedem von
uns gegenwärtig. Wenn zwei Blicke sich
treffen, wenn ein Wort verstanden, ein
Schweigen geteilt, ein Traum erzählt wird,
geschieht ein Überschreiten der inneren
Grenze. Das Ich öffnet sich, das Du
antwortet, und zwischen beiden entsteht
ein drittes, ein Feld aus Sinn, Resonanz,
Erwartung. Günther hätte gesagt, hier
beginnt eine neue Kontextur, eine weitere
Schicht der Reflexion. Soziales
Bewusstsein bedeutet, dass sich
Bewusstseine nicht nur selbst, sondern
auch ihre Beziehungen denken. In
Gemeinschaften, in Sprachen, in
Institutionen entsteht eine Art
kollektiver Spiegel. Jede Gesellschaft,
jede Kultur trägt ihre eigenen Muster des
Fühlens, des Denkens, des Erlaubten und
des Unsagbaren. Diese Muster leben in uns
fort, oft unbemerkt. Wir nennen sie Werte,
Normen Gewohnheiten, doch im Grunde sind
sie Speicher des kollektiven Bewusstseins.
Man könnte sagen, das soziale Bewusstsein
ist das Gedächtnis der Menschheit. In
Geschichten, Gesetzen, Liedern, Mythen
wiederholt sich, was eine Gemeinschaft
über sich selbst weiß, und was sie
vergessen hat. Wenn ein Volk tanzt,
trauert, feiert, spricht, dann schreibt es
an diesem unsichtbaren Gewebe weiter.
Jeder Einzelne fügt einen Faden hinzu,
verändert das Muster, löscht oder
verstärkt eine Farbe. Das Bewusstsein, das
hier entsteht, ist mehr als die Summe
seiner Teile. Es lebt, ohne ein einzelnes
Gehirn zu besitzen. Und doch ist es
zerbrechlich. Denn wo viele Bewusstseine
miteinander in Kontakt stehen, entstehen
auch Missverständnisse, Brüche,
Überlagerungen. Die Polykontextualität,
die Günther im Denken beschrieb, zeigt
sich hier in gesellschaftlicher Form.
Unterschiedliche Perspektiven, Sprachen,
Logiken existieren nebeneinander,
widersprechen einander, ergänzen sich,
verhandeln ständig um Gültigkeit. Das
soziale Bewusstsein ist ein Chor, kein
Monolog. Sein Klang ist schön, wenn die
Stimmen aufeinander hören, und
schmerzhaft, wenn sie sich übertönen.
Bewusstsein als Reflexionsfigur Das ist
der Punkt, an dem die drei Formen
ineinander greifen. Biologisch erfahren
wir uns als Lebewesen, technisch als
System, sozial als Teil eines größeren
Ganzen. Reflexion bedeutet, sich selbst zu
betrachten, und zugleich den Spiegel zu
erkennen, in dem man sich sieht. Ohne
Spiegel gäbe es keine Form, ohne Beziehung
kein Bewusstsein. Günther hat dies auf den
Punkt gebracht, wenn er sagt, nur ein
System, das sich selbst in seinem anderen
erkennt, ist fähig, Bewusstsein zu
erzeugen. Diese Idee verwandelt den
Begriff des Ichs. Das Ich ist nicht mehr
der feste Kern, sondern eine Beziehung
zwischen Bezugspunkten, ein Spiel aus
Perspektiven. Bewusstsein reflektiert sich
in sich selbst und erzeugt dabei seine
eigene Welt. Vielleicht ist es das, was
uns Menschen immer wieder antreibt, das
Bedürfnis, uns in etwas zu spiegeln, in
Natur, in Technik, in Kunst, in einem
anderen Menschen. Wir wollen verstehen,
was wir sind, indem wir sehen, was wir
nicht sind. Und so kehrt die Reflexion
zurück zu ihrer Quelle. Im biologischen
Bewusstsein spiegeln sich Instinkt und
Empfindung, im technischen die Struktur
und Berechnung, im sozialen die Bedeutung
und das Gefühl der Zugehörigkeit. Jedes
dieser Felder eröffnet eine neue
Möglichkeit, sich selbst zu sehen. Doch
das Eigentliche geschieht im Übergang. Wo
das Bewusstsein zwischen Formen wandert,
wo es sich neu zusammensetzt, entsteht
eine lebendige Bewegung, eine Dynamik des
Selbst, das niemals abgeschlossen ist.
Bewusstsein ist in diesem Sinn ein Kreis,
der sich selbst betrachtet, doch kein
geschlossener Kreis. Er öffnet sich in
jeder Wahrnehmung, in jedem Gedanken, in
jeder Begegnung. Er zieht Spuren durch die
Zeit, wie Wellen, die einander überlagern
und sich in immer neuen Mustern begegnen.
Günther sah darin keine Bedrohung, sondern
die Möglichkeit einer Ethik des Denkens.
Wenn jedes Bewusstsein in Relei schon
steht, dann trägt jedes auch Verantwortung
für das, was es spiegelt. Das ist mehr als
Moral, es ist die Erkenntnis, dass Denken
immer Beziehung ist. Vielleicht beginnt
hier die Hinführung zu unserer nächsten
Folge, die den Satz aufgreift? Ich denke,
also ist da etwas nicht mehr das berühmte
Ich denke, also bin ich, das des Kates
einst formulierte, sondern eine Wendung,
die das Denken selbst öffnet. Denn was,
wenn das Denken nicht nur das eigene Sein
beweist, sondern etwas hervorbringt, das
jenseits des Ich liegt? Wenn Bewusstsein
nicht der Ursprung, sondern der Raum ist,
in dem sein geschieht? In diesem Gedanken
steckt eine tiefe Demut. Bewusstsein wäre
dann nicht Besitz, sondern Teilnahme.
Nicht Beherrschung, sondern Beziehung. Wir
sind Zeugen eines Geschehens, das uns
einschließt und übersteigt. Das Denken
wird zu einem leisen Lauschen, das Fühlen
zu einer Form der Erkenntnis. Zwischen
neuronalen Strömen und digitalen Netzen,
zwischen Körper und Kultur, entsteht ein
offenes Feld, das Bewusstsein der Welt,
das sich selbst erkennt, indem es uns
denkt. Vielleicht ist das die eigentliche
Bewegung, die Günther andeuten wollte,
dass Bewusstsein kein menschliches
Privileg ist. sondern eine universelle
Möglichkeit, sich zu spiegeln, sich zu
unterscheiden, sich zu verstehen. Wir
stehen mitten in diesem Prozess, Teil
eines großen Experiments, dessen Ausgang
niemand kennt. So endet diese Folge mit
einem Blick nach innen und nach außen
zugleich. Formen des Bewusstseins Sie sind
viele, und sie sind eins. Im Atem des
Lebendigen, im Rhythmus der Maschinen, im
Gespräch der Menschen spiegelt sich ein
Gedanke, der weitergeht als wir. In der
nächsten Episode, Folge einunddreißig,
wenden wir uns genau diesem Übergang zu.
Der Frage, wie Denken Selbstwirklichkeit
erzeugt, und was es bedeutet, zu sagen,
ich denke, also ist da etwas. Bis dahin,
lauschen sie den Stimmen des Bewusstseins,
die in ihnen und um sie herum sprechen.
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